Liebe
Soldaten, liebe Soldatinnen, liebe Kunstgourmets.
Es
ist ein trauriger Tag.
Traurig, weil wieder welche unserer beliebtesten Mitbürger gegängelt
wurden, sterbenslangweilige, knochentrockene Laudatio-Reden aufzuschreiben
und vorzutragen und so zu tun, als würde das Publikum den Quatsch
gut finden oder womöglich sogar nachvollziehen können, wo
doch eigentlich alle nur scharf sind auf Schnittchen und Sektchen und
gesehen werden wollen, wenn sie die kostenlose Nahrung in sich hineinschieben,
um allen zu zeigen: "Schau mal, wie ich sparsam bin."
Wem
ich hier unrecht tue, den bitte ich hiermit, die Hand zu heben, als
Zeichen des guten Willens, um damit zu sagen: "Moment mal. Das
stimmt so nicht. Ich schau mir die Sachen wirklich an, ich bemühe
mich, die Intension des Künstlers / der Künstlerin zu verstehen.
Außerdem werfe ich gutes Geld in den rosaroten plan-d Sparquader
und ich ziehe auch immer in Erwägung, eines der Exponate käuflich
zu erwerben. Dem Laudator hau ich eine rein."
Harte
Worte. Aber warum denn gleich so aggressiv?
Ist hier nicht ein schlichtes "So tun, als ob man nicht betroffen
wäre und später dann wie selbstverständlich ein paar
Euro - um laut zu erklingen in Form zahlreicher Centstücke - in
den rosaroten plan-d Sparquader einzuwerfen," angebracht?
Wir wissen es nicht.
Was wir wissen ist:
Außer mir
kommt in meinen Texten
niemand gut weg.
Lediglich ein paar warme Worte für die beiden Künstler sind
geplant.
Putzwahn
ist der Name der Ausstellung der beiden Künstler:
Dunia Khalil und Peter Clouth.
Putzwahn, das ist die Symbiose von Badespass und Massenmord.
Doch wer steht für was?
Ist
Clouth für die Spassmorde zuständig, während Khalil die
Massen badet?
Oder geht es um die unklare Aufteilung von Spaßbad und Mordmasse?
Geht es überhaupt darum?
Machen Künstler überhaupt Kunst, um Wortkreationen, d. h.
ihre eigenen Vorgaben, zu erfüllen, oder ist es vielmehr so, daß
sie machen, was sie machen müssen, weil sie besessen sind oder
irgendein guter Gott es ihnen befohlen hat, und sie später vergeblich
versuchen, mit einem Wort alles unter einen Hut zu bringen, wohlwissend
daß der Titel nicht trifft, es aber gleichzeitig niemand merken
wird?
Die
Antwort ist ja.
Also
munter weiter drauf rumgeritten auf dem Titel der Ausstellung:
Putzwahn.
Die tieferen Wahrheiten in Reimform:
Putzwahn
ist der Versuch, die Zeit zu ignorieren,
Es ist das Nichtakzeptieren von anderem Leben um einen herum.
Der tiefe Glaube daran, daß etwas "sauber" sein kann,
gepaart mit dem Wissen, daß auf jeder geputzten Oberfläche
eine Schicht irgendwas übrigbleibt.
Putzwahn ist der Versuch der Erschaffung einer Monade.
Putzwahn
mag früher einmal eine Einstellung oder ein Charakterzug gewesen
sein, heute aber ist der Putzwahn eine Krankheit.
Und über Krankheiten macht man keine Witze. Schade.
Wegen
Witzen haben wir hier auch nicht zusammengefunden.
Das ist auch gut so, denn Leute, die zum Lachen kommen, sind mir unerträglich.
Wer an dieser Stelle also etwas humoristisches erwartete, den muss ich,
und nicht einmal leider, enttäuschen.
Es
geht um die Wissenschaft, mir jedenfalls,
und darum zerlegen wir das Wort in seine Bestandteile.
Putz, ich habe mich informiert, kommt von dem Wort putzen:
Putzen ist, und ich zitiere hier aus meinem eigenen Sprachschatz, der
Krieg: Mensch gegen Natur. Die ewige Zurückeroberung des vermeintlich
menschlichen Lebensraumes.
Menschensoldaten zerstören Naturwesen, deren Infrastruktur und
Lebensraum.
Sie machen daraus Bakteriennahrung, um neue Verbündete zu züchten.
Doch kann man diesen neuen Verbündeten trauen?
Wer frisst den Staub, wenn der Staubfresser weg ist?
Diese Fragen sind rhethorisch. Sie sind als solche abzulehnen und bleiben
deshalb unbeantwortet.
Wahn,
hier musste ich mich nicht informieren:
Wahn ist, und auch hier zitiere ich aus meinem eigenen Sprachschatz,
das für andere nicht erfassbare, entsprungen aus einer Mischung
von Angst und Vision.
Gängige Lexika mögen das anders sehen, doch sie wissen nicht,
wovon sie schreiben.
Putzwahn
ist also die Motivation für das höhere Prinzip "Hygiene"
zu töten, ohne das Außenstehende das ausgedachte Horrorszenario
nachvollziehen könnten.
Ist
der Putzwahn eine Bedrohung? Und, wenn ja, für wen? - Rhethorisch...!
Putzwahn
wird jedenfalls häufiger, denn das Scheinwissen mehrt sich.
Das Wissen um all das Gewimmel um einen rum, lässt den Putzwahnsinnigen
ausflippen. Die Rechnung ist einfach:
Mehr Wissen = mehr Gewimmel = mehr Angst = mehr Wahn
Arme Putzwahnsoldaten. Ihr führt einen aussichtslosenen Krieg.
Aber wen interessiert das schon?
Es
geht heute hier um die beiden Soldaten Peter Clouth und Dunia Khalil.
Sie haben sich gegen Gewalt und Terror und für die Kunst entschieden.
An dieser Stelle von mir ein herzliches Danke Schön.
Peter
Clouth zeigt uns das Denkmal der unbekannten Putzfrau.
Doch so unbekannt ist sie oft nicht, die Putzfrau.
Man hat entdeckt, es handelt sich dabei meist um Mütter, Ehefrauen,
Töchter oder um bezahlte Kräfte.
Auf alle Fälle sind sie grau und haben einen roten Rand.
Wir rufen: Danke, rotrandiges Grauvolk.
Wir denken: Armes, armes rotrandiges Grauvolk.
Dunia
Khalil, (und das ist für mich jetzt ein grosser Augenblick, ob
meine Ferneinschätzung ihres noch nicht gesehenen Werkes zutrifft.
Denn Schreiben und Reden sind ja bekanntlich zwei Paar Stiefel aus zwei
verschiedenen Zeitzonen.),
ich denke, wir sehen etwas von ihr, das helfen könnte, die Zeit
auf irgendeine Art oder Weise besser zu verstehen. Hoffe ich zumindest.
Ausserdem eine Anschauung eben jenes ewigen Krieges, anhand täglich
eingesetzter Waffen.
Und tatsächlich, nachdem ich es gesehen habe: ich bestätige
das eben gesagte.
Allenfalls ein Diagramm dazu würde ich mir wünschen.
An
dieser Stelle möchte ich Dunia Khalil einen Gefallen tun, und die
Frage stellen, die sich jeder und jede stellt, damit sie sie einmal
beantworten kann, und dann den Rest des Abends, unbeschwert und ohne
mit dieser Frage weiter belästigt zu werden, auf den Tischen tanzend,
laut chacha singend oder wie auch immer, verbringen kann.
Die Frage ist:
Wie hast du den grünen Teil des Schwämmchens vom gelben getrennt?
Doch halt! Zuerst einige Spekulationen:
Bei einem Verbrauch von 68 Schwämmchen in ca. 3 Jahren, kann man
unmöglich das gelbe komplett weggeputzt haben.
Ist es eine geheime Säure, die heimtückisch den gelben Schaum
unseres beliebten Schwämmchens frisst? Eine chemische Formel, eingekauft
und weggeschlossen von der Schaumstoffmafia?
oder ein Käfer? ein mutiertes Insekt? Viele davon!
ein Farbfilter? ein Schaumverdampfer?
Die Phantasie geht mit uns durch.
Sag es. Bitte, sag es:
Wie wird gelb von grün getrennt, ohne daß nur blau übrigbleibt?
...(Antwort)
Oh,
damit hatte ich nicht gerechnet.
und warum?
Diese Frage wird von den 68 Kästchen beantwortet, die sie hier
sehen.
Bedenklich viel Material, das fehlt.
Man fragt sich, wo all das andere grüne Zeug jetzt ist.
Gibt es einen geheimen Friedhof für kleine grüne Ex-Schwamm-Teilchen
oder findet beim Putzen einfach nur ein Schichtwechsel statt? Also Kleinsttierteile-
und Bakterienschlammschicht wird zu Reinigungsmittel- und Ex-Schwamm-Schicht.
Aber so genau wollen wir das gar nicht wissen.
Schaun wir uns doch lieber die wundervollen Sachen an oder fallen wir
besser zuerst über die Lebensmittel her. Unsere Feinde im ewigen
Krieg würden das genauso machen.
Und
wenn ich nun jemanden sagen höre: "Boa, eine Rede von dem,
ohne ein einziges mal half past selber schuld zu erwähnen, ich
glaub es nicht.",
dann, aber nicht nur dann, sage ich: "Das glaube ich auch nicht."
Denken
sie daran:
Coolbleiben, auch wenn wir wissen, daß es überall wimmelt.
Viel Spaß mit Putzwahn
von Peter Clouth und Dunia Khalil.
Sir
ladybug beetle
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