www.terz.org - 26.8.2003 von KRÜMEL
... spült quietschsauber... putzt so sauber, daß man sich drin spiegeln kann... bringt streifenfreien Glanz... dann klappt's auch mit dem Nachbarn... denn nur was richtig sauber ist, kann richtig glänzen... wäscht porentief sauber... nicht nur sauber, sondern rein... beseitigt Schmutz und Bakterien... bevor Geruch entsteht... antibakteriell. hygienisch. sauber!

PutzWahn

- so der Titel einer Ausstellung von Dunja Khalil und Peter Clouth in der Produzentengalerie plan.d.
Blitzeblanke U-Bahnhöfe, frisch gefegte Einkaufsstraßen, staubfreie Büroetagen und glänzende Glasfassaden. Sauberkeit muß sein, denn im Dreck lebt nur, wer arm ist, oder krank oder faul. Das will niemand sein. Und so wirbeln "der General" und "Meister Propper" Schulter an Schulter über das Parkett, und wischen am Ende noch den lieben Kleinen den Lutschedaumen mit einem antibakteriellen Kleenex ab. Keimfrei soll es sein!

Fragt sich: Wer macht hier eigentlich sauber?- Zigtausende von Menschen verdienen ihre Brötchen damit, den Dreck anderer zu beseitigen. Während Sauberkeit für die Repräsentativität von Kleidung und Räumen unerlässlich ist, rangieren diejenigen, die sie herstellen, in der Skala gesellschaftlicher Anerkennung ganz unten. Putzen ist eine Dienstleistung, die oft unsichtbar, manchmal sogar heimlich, wie bei den Heinzelmännchen erbracht wird: nachts, nach Büroschluß oder früh morgens, bevor die Geschäfte wieder öffnen. Wenn die Lichter angehen, ist alles wieder sauber.
Peter Clouth will deshalb der unbekannten Putzfrau ein Denkmal setzen, gerahmt von Fotos "unbekannter Reinigungskräfte", die in Hotel-Lobbys, Wohnzimmern und Supermärkten mit allerlei Gerätschaften für Ordnung sorgen. Besonders gelungen die Serie "Putzen im virtuellen Raum": Hat sich schon einmal jemand Gedanken darum gemacht, wer eigentlich den ganzen Mist wegräumt, wenn man im Castle Wulfenstein all die Nazis und Zombies niedergemetzelt hat? Vermutlich eine virtuelle Raumpflegerin bzw. ein Putzmann, die in diesen Bildern genauso anonym bleibt, wie in allen andern auch.

oben

 



Dunja Khalil's "work in progress" dokumentiert die Sisyphusarbeit des Abwaschens. Ihre ursprünglich treffender als "mein Spül-Leben" betitelten Objektkästen zeigen die abgenutzten Scheuerseiten von Spülschwämmen aus den letzten drei Jahren, und wenn man genau hinsieht, scheint die ein oder andere Ketchup-Kruste durchaus hartnäckig gewesen zu sein. Zur Vernissage am 23. August und zur Finissage am 12. September zeigt sie zusätzlich die Videoinstallation "Fensterputzen", die vom hartnäckigen Kampf für streifenfreien Glanz zeugt.

Die Produzentengalerie plan.d., die vor einigen Jahren aus regelmäßigen Küchentischgesprächen ehemaliger Akademie-SchülerInnen entstand, sucht die Auseinandersetzung mit KünstlerInnen aus anderen Ländern und Städten, weshalb die Ausstellungen jeweils von einem plan.d. Künstler bzw. einer Künstlerin und einem Gast konzipiert werden, im Falle von PutzWahn von Dunja Khalil, die in Berlin und Kairo lebt. Für die im September folgende Ausstellung haben sich zwei Künstler zusammengefunden, die dem Werk Joseph Beuys' hinsichtlich seiner anthroposophischen Bezüge kritisch auf den Zahn fühlen wollen.
Im nächsten Jahr feiert die plan.d. produzentengalerie ihr fünfjähriges Bestehen und wird dafür einen Kunstpreis ausloben. "Künstler, Freunde und Artgenossen" sind aufgerufen, einen Handschuh zu gestalten, die dann am 7. Februar in einer Ausstellung präsentiert werden. Der/die DesignerIn des Sieges-Handschuhs wird mit der Finanzierung einer Postkarte in 1000er Auflage beglückt.

nächstes bild

zurück zum Putzwahn